Leben nach der Geburt

 
Ein ungeborenes Zwillingspärchen unterhält sich im Bauch seiner Mutter:

Edwin: "Sag mal, glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?"
Matzi: "Ja auf jeden Fall! Hier drinnen wachsen wir und werden stark für das was draußen kommen wird."

Edwin: "Was für ein Blödsinn! Es kann kein Leben nach der Geburt geben - wie sollte das denn bitteschön aussehen?"
Matzi: "So ganz genau weiß ich das auch nicht. Aber es wird sicher viel heller als hier sein. Und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen?"
Edwin: "So einen Unsinn hab ich ja noch nie gehört. Mit dem Mund essen, was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die Nabelschnur, die uns ernährt. Und wie willst du herumlaufen? Dafür ist die Nabenschnur viel zu kurz."
Matzi: "Doch es geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders."

Edwin: "Du spinnst! Es ist noch nie einer zurückgekommen von "nach der Geburt". Mit der Geburt ist dass Leben zu Ende. Punkt."
Matzi: "Ich geb ja zu, dass keiner weiß wie das Leben nach der Geburt aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir dann unsere Mutter sehen werden und sie wird für uns sorgen."
Edwin: "Mutter???? Du glaubst doch wohl nicht an eine Mutter?? Wo ist sie denn bitte?"
Matzi: "Na hier - überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein!"
Edwin: "Quatsch! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht."

Matzi: "Doch, manchmal , wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt ..."

Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie ihre Augen. Sie schrieen. Was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume.


nach Henry Nouwen